Deutsch-Polnische Jugendbegegnung in Kreisau
Polsko-niemiecka wymiana młodzieży
Die Idee
Aus den Feierlichkeiten zum 100. Geburtstag von Freya von Moltke (2011) in Köln erwuchs bei uns die Idee, die Jugendbegegnungsstätte in Kreisau einmal mit einer Klientel zu besuchen, die gemeinhin nicht in Genuss von Bildungsreisen kommt – Auszubildende unterschiedlicher Bildungsgänge unserer Kölner Berufskollegs – dem BK Ulrepforte (Bauberufe) und dem Richard-Riemerschmid-BK (Gestaltungsberufe). Diese Idee wurde erstmals 2013 umgesetzt, damals mit so viel positiver Rückmeldung der Teilnehmenden, der Stiftung Kreisau und einiger Ausbildungsbetriebe, dass eine „Neuauflage“ im Jahr 2015 durchgeführt werden sollte.
Ziele
Aus der Arbeit mit unseren Auszubildenden wissen wir um manche Vorbehalte und Vorurteile gegenüber unserem östlichen Nachbarland Polen und seinen Staatsbürger/inne/n. Insbesondere werden diese Voreinstellungen bei unseren Auszubildenden durch Erfahrungen auf Baustellen befeuert, wo polnische Arbeitskräfte häufig als bedrohliche Konkurrenz empfunden werden. Zudem beobachten wir, dass das historische Wissen um den Nationalsozialismus in unseren Lerngruppen oft nur spärlich und höchst fragmentarisch vorhanden ist. Beide Aspekte motivierten uns, eine Bildungsreise anzubieten, die die genannten Defizite reduzieren und unseren Schülerinnen und Schülern eine Reise ermöglichen sollte, sich über Leben, Arbeit und Ausbildung Gleichaltriger in einem europäischen Nachbarland zu informieren. Die Jugendbegegnungsstätte in Kreisau erschien uns zur Erreichung dieser Zielsetzungen von Anbeginn der Planungen an besonders geeignet, weil nicht nur eine Begegnung mit polnischen Jugendlichen dort möglich werden sollte, sondern auch gemeinsam an Projekten gearbeitet werden konnte – was unseren Schülerinnen und Schülern, denen mehrstündige theoretische Arbeitsphasen schwer fallen, sehr entgegenkommt.
Die Fahrt
Nach intensiver Werbung in den Bildungsgängen traten 22 Teilnehmer/innen (6 w / 16m) die Reise an. Eine schnelle Kontaktaufnahme zu den Mitreisenden aus der anderen Schule wie auch zu den polnischen Kollegen war feststellbar, ebenso große Offenheit und Bereitschaft, sich auf das zu bewältigende, sehr dichte Programm einzulassen. Für uns als Organisatoren war die inhaltliche Anteilnahme unserer Gruppe sowohl auf kognitiver als auch auf emotionaler Ebene entscheidend: bei allen Bildungsangeboten des Aufenthaltes gab es interessiertes Nachfragen und Diskutieren, ein Sich-Einlassen auf die Angebote, die wir oder der pädagogische Mitarbeiter der Stiftung Kreisau vorbereitet hatten:
- bei der Führung durch Kreisau, wo sich die Gruppe vom „Geist“ der Gebäude inspirieren ließ und sich intensiv mit dem Thema ‚Widerstand’ auseinander setzte;
- bei der Besichtigung in der Gedenkstätte des Konzentrationslagers „Groß Rosen“, die tiefe Betroffenheit auslöste;
- bei der gemeinsamen Arbeit auf dem Gelände der Stiftung;
- bei den Einheiten zum Erwerb interkultureller Kompetenz
Die gemeinsame Arbeit mit der polnischen Partnerklasse (Schüler eines Berufskollegs aus Czestochowa) erfuhr vor dem Hintergrund der Auseinandersetzung mit der deutsch-polnischen Geschichte eine spürbare Vertiefung. Es war für unsere Schülerinnen und Schüler selbstverständlich, für die Einrichtung, die einen aufnimmt, in der man so großzügig untergebracht ist, auch zu arbeiten – die gemeinsame Renovierung von Sitzbänken, Tischen und Stühlen der Außenanlagen der Stiftung wurde mit großem Eifer und hoher Einsatzbereitschaft durchgeführt. Hierbei arbeiteten die Teams aus deutschen und polnischen Schülerinnen mit großer Ernsthaftigkeit und Freude effektiv zusammen. Nach Aussagen der Hausverwaltung ersparte unser Arbeitseinsatz dem technischen Personal in Kreisau etwa dreißig Arbeitstage. Es zeigte sich, dass für die Jugendlichen Sprachbarrieren kein großes Problem waren. Sie konnten, wenn sie doch auftraten, wenn nicht kreativ, dann spätestens durch unsere Übersetzerin, Frau Wanczura (von der Melanchthon-Akademie, Köln) überwunden werden. Beide Gruppen waren am Ende stolz, ein erkennbares, sichtbares und gelungenes Zeichen ihrer gemeinsamen Arbeit in der Jugendbegegnungsstätte hinterlassen zu haben. Der Abschied fiel vielen unserer Teilnehmer schwer – der Abschied von Kreisau mit seinen Angeboten und von der polnischen Partnergruppe, zu der sehr schnell intensive Kontakte geknüpft worden waren.
Fazit
Wir glauben, dass ein vielfältiges Nachdenken in Gang gesetzt wurde: Über ein Nachbarland und seine Menschen, über eigene Vorurteile, über die jüngere deutsche Geschichte und ihre Folgen für das Leben im 21. Jahrhundert. Zudem möchten wir allen danken, die uns finanziell unterstützt haben, um gerade unseren oft benachteiligten Jugendlichen eine solche Fahrt zu ermöglichen: der EU-Geschäftsstelle der Bezirksregierung Köln, dem Kirchenkreis Köln-Süd, der Freya von Moltke Stiftung und dem Rotary-Club Köln-Römerturm.
Diese Projekte wurden gefördert von der:
EU-Geschäftsstelle – Wirtschaft und Berufsbildung – der Bezirksregierung Köln